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AutorenbildHorst Eisterer

HEINRICHAREAL - eine Zumutung!

Aktualisiert: 30. Okt.





HEINRICH-AREAL STADT ZÜRICH

Bauherrschaft TELLCO


Stellungnahme zum Gestaltungsplan


Inhalt:




A-Allgemeines


Der Gemeinderat wird sich demnächst mit dem Gestaltungsplan zum Heinrichareal befassen.

Falls er diesem zustimmt, sanktioniert er eine die Rechtsgleichheit verletzende Planung und nimmt kaum Rücksicht auf die Umgebung. Das selbstbestimmende Vorgehen der Baubehörde wird sich präjudizierend und nachhaltig schädlich auf die Stadtentwicklung auswirken.


Die Zusicherung der Baubehörde an die TELLCO einer AZ von 450% auf einem Grundstück, auf welchem der Zonenplan 230% vorsieht, ist aus den nachfolgenden Gründen in hohem Masse fragwürdig. Auch wenn §284PBG für Gestaltungspläne keine Obergrenze für die AZ festlegt, muss es nachvollziehbare und auch die Interessen der Nachbarschaft berücksichtigende Kriterien geben, um Ausnützungsbevorteilungen im Ausmass von 95% (beinahe eine Verdoppelung) zu rechtfertigen.


Das mit dieser Dichte verbundene Overcroding für die Bewohnerschaft ist das eine. Aber auch die Nachbarschaft ist durch diese extremen Verdichtung durch den Schattenwurf benachteiligt (der von 2 auf 3 Stunden gelockert wurde), zudem auch durch zusätzliche Emissionen durch Mehrverkehr und den Druck auf die Freiräume der umgebenden Liegenschaften.


Eine Rechtsgleichheit erzeugende Ausnützungsziffer von 450% auf das ganze Quartier auszudehnen, hielten wir für rechtswidrig, weil es die Ziele der BZO grundsätzlich verletzen würde und neu ausgehandelt werden müsste. Wenn den Nachbarn im Voraus nicht dieselbe Verdichtung zugesichert werden kann, verletzt diese Bevorzugung die Rechtsgleichheit und schafft ein Präjudiz. Ein Ausnützungsbonus muss nach unserer Auffassung so festgesetzt werden, dass er grundstücksübergreifend resp. auch der Nachbarschaft gewährt werden kann. Das ist mit dieser von der Baubehörde selbstbestimmten und vom Stadtrat genehmigen Entscheidung nicht möglich.


Es ist überdies stossend, dass die übergangenen Nachbarn ohne Einbezug in die Planung nach der Festlegung des Gestaltungsplanes des Gemeinderates zu aufwändigen Rechtsmitteln gezwungen werden, falls sie den Benachteiligungen nicht zustimmen.


Dass wie in diesem Fall einzelne Hotspots unerwünscht sind, ergibt sich schon aus der Tatsache, dass die Freiflächen für die Bewohnerschaft viel zu klein werden und nicht die im Gemeinderat diskutierte Untergrenze von 8 m2/Person erreicht wird. (Man denke auch an die Kinder, die wohnungsnahe Spielflächen im Freien brauchen.)


Dieses Projekt müsste in der Beratung des Gemeinderates mit der Auflage belegt werden, dass pro Bewohner 8 m2 Freifläche angeboten werden muss, auf jeden Fall soviel Freifläche, als sie durch die Regelbauweise entstehen würde.

Diese Forderung würde auch aufzeigen, dass das Narrativ, mittels Hochhäusern könnten erheblich Freiflächen freigespielt werden, nicht zutrifft.


Eine korrekte Planung könnte dem gegenüber so aussehen:


-Ermittlung der möglichen AZ auf Grund der Regelbauweise (Erstellen eines Vergleichsprojektes in Regelbauweise) und der Freifläche pro m2 Bruttogeschossfläche.

-Diese Freifläche darf niemals unterschritten werden und sollte in jedem Fall 8 m2/Person betragen (Annahme z.B. 48 m2 BGF/Person. CH-Durchschnitt)

-Ein Ausnützungsbonus gegenüber der BZO (230%) ist so anzusetzen, dass er im Sinne der Rechtsgleichheit auch den übrigen Liegenschaften in dieser Bauzone gewährt werden kann.

-Beizug der Nachbarn und deren Einbezug in die Planung.

-Ein städtebaulicher Eingriff dürfte nicht wie hier partiell erfolgen, sondern müsste das Quartier und dessen bauliche Entwicklung in einer Gesamtbetrachtung einbeziehen. Insofern ist das Vorgehen und die Schaffung eines HotSpots auch aus der städtebaulicher Sicht unprofessionell.

Wenn auch die Stadtbehörde über die Mehrwertabschöpfung mit dem Investor Bedingungen für einen Teil Wohnungen der Kosten gebundene Mieten aushandeln kann, rechtfertigt diese nicht eine unverhältnismäßig grosse Überverdichtung (Overcrowding) auf dem Grundstück. Eine Suppe mit den besten Zutaten wird durch zu viel Salz ungeniessbar.



B-Die Hochhausfrage


Durch das an Willkür grenzende Zugeständnis resp. die Festlegung einer extremen AZ von 450% durch die Baubehörde und den Stadtrat an der Heinrichstrasse wird die Hochhausbauweise (70 Meter Gebäudehöhe) erzwungen und deren wissenschaftlich belegten Nachteile in Kauf genommen.


Diese extreme Privilegierung eines Investors ist zu hinterfragen. Der Kreis 5 gehört zu den am dichtesten bebauten Quartieren. Schon aus diesem Grund wäre eine gewisse Zurückhaltung geboten.


Die Glaubwürdigkeit des Amtes für Städtebau ist generell in Frage zu stellen, als die Direktorin des Amtes für Städtebau behauptet, «Hochhäuser seien nicht zur Verdichtung gedacht» und gleichzeitig mehrere einzelne Überbauungen fördert, die der extremen Verdichtung dienen.


Die nachteiligen Eigenschaften von Wohnhochhäusern sind auch in diesem Fall:

(Siehe auch Fussnote)

1.Ökologie, Klimawandel (Umweltwissenschaften)


Wenn davon auszugehen ist, dass im Hausbau alles vermieden werden muss, was den Klimawandel beschleunigt, dürften Hochhäuser gar nicht mehr gebaut werden, weil sie einen weitaus grösseren ökologischen Fussabdruck haben, auch was die Treibhausgase betrifft. Nach vielen Untersuchungen schafft der verdichtete Flachbau mit 4 bis 6 Geschossen die besten Voraussetzungen für eine hohe städtische Dichte bei gleichzeitig hohen Lebensqualitäten.


2- Kosten


Hochhäuser sind systembedingt 15 bis 40% teurer als gewöhnliche Häuser in einfacher Bauweise mit naturnahen Materialien (Statik, Erschliessung, Ver- und Entsorgung, Feuerschutz, …). Der Pro-Kopf-Bedarf an Geschossfläche ist erheblich grösser als in Flachbauten. Zudem beanspruchen Leute, die sich teure Wohnungen leisten können, erfahrungsgemäss eine grössere Nutzfläche, was Bestrebungen nach Verdichtung zunichte machen. Sozial engagierter preisgünstiger Wohnungbau ist in Hochhäusern beinahe unmöglich.


3- Soziologie-Psychologie-Medizin (Humanwissenschaften)


Hochhauswohnungen mit spezifischer Benutzerschaft behindern die soziale Durchmischung. Sie eignen sich insbesondere nicht für die wünschbare Entwicklung von Kindern, schaffen Hierarchien und isolieren die Menschen vom Boden. Die Abhängigkeit von der Nabelschnur funktionierender Fahrstühle mit dem Gefühl des «Gefangenseins», kann zu psychischen Problemen führen. Das trifft auch für Höhenängste und Ängste vor Erdbeben, Feuer, extremen Wetterereignissen, Stromausfall, Vandalismus und Terrorismus zu. Studien weisen auf ein erhöhtes Sterberisiko hin und auf häufigere Störungen bei Kindern.


Dazu im Gegensatz begünstigen «Low-Rise«-Häuser mit einem Hauseingang soziale Kontakte, ohne solche zu erzwingen und schaffen Identifikation mit einem vertrauten Zuhause. Teure Wohnungen in Hochhäusern hingegen verdrängen preisgünstige Wohnungen und Menschen, die in Zürich heimisch sind, aus der Stadt (Gentrifizierung).


Weil sich Hochhäuser erst bei extremer Verdichtung für Anleger rechnen, entsteht bei sinnvoller Belegungsdichte (CH-Durchschnitt 48m2/Kopf) Engnis (Crowding), was zu einer Übernutzung der Freiflächen führt und die Biodiversität einschränkt. Zudem verunmöglichen flächendeckende Tiefgaragen - überdies enorme CO2-«Schleudern» - eine naturnahe Vegetation mit Bäumen.


Hochhäuser generieren im Vergleich zu gewöhnlichen Hauszeilen wenig gefasste und wirtliche Aussenräume mit hohen Aufenthaltsqualitäten. Ihre Umgebung ist in der Regel unwirtlich und mikroklimatisch oft durch Fallwinde beeinträchtigt.


4- Nachfrage Wohnhochhäuser


Nur sehr wenige Menschen wünschen in einem Hochhaus zu wohnen (Expats, Zweitwohnungsnutzer, Einzelpersonen oder Paare). Es sind Immobilienfirmen, welche die Nachfrage nach Hochhäusern befeuern, die möglich viel Geld anzulegen und mittels einer möglichst hohen Dichte (Ausnützungsziffer) die Rentabilität zu steigern wünschen.


5- Städtebau


Stadtlandschaftlich ist Zürich ein Gletschertal, eingefasst durch seine sanften Erhebungen. Hochhäuser beeinträchtigen diese topographische Situation und verunklären fortgesetzt das Stadtbild.


Die Bausteine der traditionellen horizontalen Stadt sind Häuser, mit welchen sich bis auf die Höhe der Baumkronen gefasste, bergende Aussenräume gestalten lassen: Gassen, Strassen, Plätze und auf ihrer Rückseite geschützte halbprivate oder private Höfe, mittels einer reichhaltigen Siedlungstypologie. Der Baustein STADTHAUS als Einheit bewährt sich seit der Erfindung der Stadt. Er erleichtert die Identifikation, ein Gefühl des Zuhauseseins und irgendwo Hingehörens. Die endlosen Klingelschilder in Wohnhochhäusern lassen die Problematik der Anonymität und Verlorenheit dieser Wohnsituation und Wohnform erkennen.


Hot spots mit Hochhäusern an willkürlichen Standorten, wo sich zufällig noch überbaubare Liegenschaften befinden, tragen morphologisch zu einem sehr inhomogenen und chaotischen Stadtbild bei.


Die Umgebung dominierende oder beherrschende Hochhäuser sind wenig geeignet, jene behaglichen, bergenden Räume und Raumqualitäten zu schaffen, wie wir sie in unseren alten Städten erleben dürfen. Städtische Hauszeilen schaffen Raum, Hochhäuser brauchen und beherrschen Raum. Die Behauptung, zum Bauen einer guten Stadt brauche es Hochhäuser (Direktorin des Amtes für Städtebau Zürich) ist unqualifiziert und wird durch schönste, sehr dichte Städte widerlegt.


Auch wird die gute Befindlichkeit in der Umgebung von Hochhäusern durch ein unangenehmes Mikroklima und durch Fallwinde gestört. Grundsätzlich ist die Höhe der Bäume ein gutes Mass für den verdichteten Flachbau und für die gute Beschattung der Gebäude - dies zusammen mit bodenwurzelnden Fassadenbepflanzungen.



Zusammenfassung


Das vorliegende Projekt zum Heinrichareal erinnert an die von kommerziellen Interessen gesteuerte Planungs- und Wachstumseuphorie des letzten Jahrhunderts. Das Projekt kam durch selbstbestimmtes Vorgehen und interne Verhandlungen mit einem Investor zustande, der das Ziel verfolgt, möglichst viel Kapital mit hoher Rendite anzulegen und einen angeschlagenen Ruf geniesst. Die Vorteile der Mehrwertabschöpfung für die Öffentlichkeit vermögen die ökologischen und soziologischen Nachteile des Projektes, sowie die schädlichen Auswirkungen auf die Nachbarschaft nicht zu rechtfertigen. Keine win-win-Situation!

Die extreme Auslegung des §284 PBG würde einen für die Stadtentwicklung schädlichen Präzedenzfall schaffen und willkürliche Hot-Spots dieser Art legitimieren.


Mit welcher Bauherrschaft sich die Stadt Zürich einlässt und ihr Ausnützungsgeschenke macht, geht aus diesem Beitrag hervor (Tagesschau DRS 6.2.2022):


Zürich, 2. März 2022


Horst Eisterer . Schipfe 49 . 8001 Zürich

Siehe insbesondere den Vortrag: «WIE WOHNEN UND VERDICHTEN?» vom 11.9.2022:

Weitere Hinweise<.

-Lokal<info 23.9.2020


Eindrücke vom Areal Schmalseite geplantes Hochhaus



Fussnote:

Diese Aspekte wurden im Schlussbericht zur Überarbeitung der Hochhausrichtlinien, der seit Dezember 2020 geheim gehalten und durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangte, kaum berücksichtigt. Sie sollen nun durch nachträgliche Studien berücksichtigt werden. Wir hatten schon im Jahre 2019 gefordert, demographische, soziologische, ökologische, ökonomische und technische Aspekte zum Wohnhochhaus vor der Testplanung zu untersuchen.

Es wie es kommen musste, wenn Architektenteams eingeladen werden, Hochhausrichtlinien zu schaffen: Die erwähnte Schlussfassung ist eine unkritische Werbebroschüre für den Hochhausbau, ganz im Sinne eines irrational argumentierenden auf Hochhäuser fokussierten Bauamtes, entsprechender Architekten und der Bau- und Immobilienwirtschaft. Inwiefern jetzt wirklich kritische Umwelt- und Humanwissenschaftler zu Wort kommen, ist im Hinblick auf die Vorgeschichte fragwürdig. Die Direktorin des Amtes für Städtebau wiederholt indessen ständig, für das Bauen einer guten Stadt brauche es auch Hochhäuser, was fachlich nicht haltbar ist.


2022-03-05 Heinrichareal Stellungnahme Bienek

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